»Wann, zum Teufel, ist der richtige Zeitpunkt, auf einen offenen Brunnen hinzuweisen?«,

fragte eine verzweifelnde Brigitte Reimann im Januar 1969 Christa Wolf. Während ihrer zehnjährigen Freundschaft debattierten die exzentrische und spontane Brigitte Reimann und die reflektierte Christa Wolf schriftlich über Arbeit und Leben, Kunst und Alltag, Liebe und Partnerschaft in der DDR. Und sie machten sich ihre eigenen Gedanken über Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit. Der Briefwechsel gewährt Einblicke in das Leben zweier Ikonen der DDR-Literatur, die trotz höchst unterschiedlicher Charaktere und Temperamente um den Erhalt ihrer politischen Ideale und um ihr Selbstverständnis als Schriftstellerinnen ringen. Als Mitglieder einer Schriftstellerdelegation reisten sie 1963 zur „Woche des Deutschen Buches“ nach Moskau, dort wurden die Frauen näher miteinander bekannt. Ihre im gleichen Jahr veröffentlichten Bücher über das Geteilte Deutschland, Wolfs „Der geteilte Himmel“ und Reimanns „Geschwister“, wiesen sie bereits als Schwestern im Geiste aus, die sich an den gleichen drängenden Fragen abarbeiteten und ihren Traum von einem gerechteren Staat, einem Alternativmodell zu allen bisherigen Organisationsformen menschlichen Zusammenlebens, nicht aufgeben wollten. Und geradezu paradoxerweise gerieten sie, die diesem Versuch nahezu ihr ganzes Leben und Schreiben widmeten, zunehmend in Widerspruch zu denen, die das Land regierten.

Der Briefwechsel zwischen den beiden Schriftstellerinnen ist kostbares und berührendes Zeugnis einer emanzipierten Frauenfreundschaft und zugleich ein unschätzbares Zeitdokument. Viele darin aufgeworfene Fragen haben bis heute nichts an Relevanz eingebüßt.

Christine Hoppe (Christa Wolf) und Fanny Staffa (Brigitte Reimann), zwei Protagonistinnen des Staatsschauspiels Dresden, verleihen den Schriftstellerinnen Ausdruck und Stimme.

Lesung in der Bearbeitung und Einrichtung von Heike Merten-Hommel

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Lausitz Festivals statt.

Bild: ©️bpk Bildagentur, Merten-Hommel, Akademie der Künste (v.l.n.r)